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ALM für Lebensversicherer, Pensionskassen und Versorgungswerke

Ziel des ALM-Modells ist es, die Steuerung der Kapitalanlage im Einklang mit den spezifischen Geschäftsbesonderheiten sowie den bilanziellen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu optimieren.

Im Gegensatz zur Lebensversicherung handelt es sich bei dem Rechnungszins von Versorgungswerken und manchen Pensionskassen nicht um eine harte Garantie. Der Rechnungszins kann bei Versorgungswerken für bestehende Verträge reduziert werden.

Im Falle von lang anhaltenden Niedrigzinsen müssen die Verbindlichkeiten nachreserviert werden. Auch bei rasch steigenden Zinsen steigt z.B. bei Lebensversicherern und Wettbewerbspensionskassen die sogenannte Zinszusatzreserve aufgrund einer gleitenden Durchschnittsmethode.

Versorgungswerke können die Nachreservierung mit Steigerung der Beiträge und Kürzung der Leistungen finanzieren.

Die Mindestzuführungsverordnung regelt bei Lebensversicherern die aufsichtsrechtlich zu erfolgende Verteilung der Überschüsse zwischen Aktionär und Versicherungsnehmer.

Die ALM-Optimierung sollte im Wesentlichen zwei HGB-Ziele verfolgen:

1. die Vermeidung eines Verlustes und damit eines Nachschusses der Aktionäre bzw. des Mutterunternehmens

2. die Erzielung einer bestimmten Ziel-Überschussbeteiligung (bei Lebensversicherern).

Die ALM-Analysen können entweder deterministisch in bestimmten Kapitalmarktszenarien oder mithilfe von stochastischen Analysen erfolgen.

Risikomanagement

Die Risiken in der Kapitalanlage gehören zu den wichtigsten in einem Gesamt-Risikomanagement einer Altersvorsorgeeinrichtung bzw. Versicherungsgesellschaft. Die Kapitalanlagerisiken sind in einem ganzheitlichen unternehmensweiten Risikomanagement-Ansatz, dem sogenannten Enterprise Risk Management (kurz ERM) gebührend zu integrieren.

Die tragenden Pfeiler eines ERM sind die Risikomanagement-Kultur, die Risiko-Berechnung, die Risiko-Kontrolle und die Risiko-Steuerung.

Solvency I

Das Kapitalanlage-Rundschreiben R 11/2017 hat am 12.12.17 die Kapitalanlage-Rundschreiben R 4/2011, R 1/2002 (ABS/CLN) und R 7/2004 (Hedgefonds) ersetzt. Das neue Rundschreiben ist eine Konkretisierung der Anlageverordnung (AnlV), die zuletzt am 21.4.16  aktualisiert wurde. Gegenüber der alten AnlV (Stand vor 2015) gibt es Erleichterungen hinsichtlich Darlehen an Infrastrukturprojekte, Unternehmen mit einem Sub-Investmentgrade-Rating sowie an Immobilienunternehmen mit ausreichenden dinglichen Sicherheiten (neue Nr. 4c mit 5% Limitierung). Außerdem wurde durch die Umsetzung des AIFM eine AIF-Quote in Höhe von 7,5% eingeführt. Hier sind z.B. 100% Darlehensfonds möglich.

Außerdem hat die BaFin am 30.8.17 das Rundschreiben R 8/2017 „Hinweise zur Nutzung von derivativen Finanzinstrumenten und zur Anlage in strukturierten Produkten“ veröffentlicht. Das neue Rundschreiben ersetzt die BaFin-Rundschreiben R 3/2000 (für Derivate) und R 3/99 (für strukturierte Produkte) sowie weitere Stellungnahmen in dem Zusammenhang. Die BaFin erweitert in dem neuen Rundschreiben die Möglichkeit zur Nutzung von Derivaten.

Die Pflicht zur Anwendung der Anlageverordnung (AnlV) und der zugehörigen Rundschreiben ist mit Solvency II für nicht-kleine Versicherer weggefallen. Viele Solvency II-Versicherer orientieren sich in ihren internen Anlagerichtlinien immer noch an der AnlV und den angebundenen Rundschreiben, da sie sich als „Leitplanken“ bewährt haben.

Ich erwarte, dass die meisten Versicherer noch etwas Zeit benötigen, bis sie ihre internen Richtlinien an die Solvency II-Welt anpassen. In der Vergangenheit waren diese Richtlinien eng an die Anlageverordnung und die Rundschreiben für Kapitalanlagen angelehnt.

Solvency II

Seit dem 1.1.16 unterliegen Versicherungsunternehmen dem neuen Solvency II-Aufsichtsregime. Dieses besteht aus drei Säulen, die ich hier folgendermaßen betiteln möchte.

1.         Säule: „Rechnen“
2.         Säule: „Verstehen“
3.         Säule: „Berichten“

Versicherer sollten Solvency II als Chance sehen. Gerade den Lebensversicherern hilft es, mit den Risiken besser zu „haushalten“. Versicherer sollten auch die ORSA nutzen, um von den Standardformeln abzuweichen, wenn es gerechtfertigt ist. Hierzu sind über das Standardmodell hinaus gehende Analysen notwendig.

Versicherer sollten sich trauen, Partialmodelle zu entwickeln. An der einen oder anderen Stelle kann evtl. Kapital eingespart werden, wenn die Modellergebnisse gerechtfertigt sind.

Außerdem ist ein Umdenken in der Kapitalanlage notwendig. Bei Rentenpapieren z.B. ist nicht mehr die Rendite im Verhältnis z.B. zum Rating ausschlaggebend, sondern die Rendite im Verhältnis zu Kapitalkosten. Der regelmäßige Vergleich von verschiedenen möglichen Asset Allocations und Management-Regeln muss zum Pflichtprogramm eines jeden Kapitalanlageleiters gehören.

Außerdem dürfen die Kapitalanlagen nicht allein hinsichtlich der Minimierung der Kapitalanforderungen gesteuert werden. Empfehlungen hinsichtlich einer bestimmten Strategie sind von der aktuellen Kapital- und Marktsituation abhängig.

HGB und IFRS

Die Rechnungslegungsvorschriften sind entscheidend dafür, ob ein Finanzinstrument zum Geschäft eines Investors passt. Die Auswirkungen der Kapitalanlage in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung bestimmen über Erfolg oder Nicht-Erfolg der Anlage-Entscheidung. Die Bilanzierungsvorschriften sind jedoch oft nur allgemein formuliert, so dass sie für das einzelne Investment richtig interpretiert werden müssen.

Folgende spezielle Vorschriften sind von besonderem Interesse:

1. HGB

  • IDW RS HFA 22: strukturierte Produkte
  • IDW RS HFA 35: Derivate
  • Deckungsrückstellungsverordnung: Versicherungsverträge (inkl. Zinszusatzreserve)

2. IFRS

  • IAS 39, IFRS 9: Derivate und strukturierte Produkte
  • IFRS 10: Konsolidierung
  • IFRS 17: Versicherungsverträge
  • IAS 19: Pensionsrückstellungen

EbAV II

Im Dezember 2016 wurde die überarbeitete Richtlinie über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV-RL II) veröffentlicht. EbAV II konzentriert sich auf eine „Verbesserung der Governance, Transparenz und Berichterstattung der EbAV“. In Deutschland fallen Pensionskassen und Pensionfonds unter die EbAV-II-RL.

Die neue Richtlinie enthält keine Verschärfung der Eigenkapitalanforderungen an EbAV. Es wurden jedoch bereits EbAV-QIS (Quantitative Impact Study) durchgeführt, wobei sogenannte Holistic-Balance-Sheet-Ansätze (HBS) zum Einsatz kamen und die Auswirkungen auf die Kapitalsituation untersucht wurden.

Ich denke, dass die wichtigste Säule Governance darstellt: Die Organe von EbAV werden nach wie vor angehalten sein, dokumentierte Regeln zu den Bereichen Risikomanagement, interne Kontrollen, interne Revision und Outsourcing aufrecht zu erhalten sowie regelmäßig eigene “Risk Evaluation for Pensions” (REP) durchzuführen.

Die von der BaFin beaufsichtigten Pensionskassen haben bereits die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) umsetzen dürfen. EIOPA wird etwas weitergehen.

Je nachdem wie diese Standards von EIOPA im Weiteren ausgestaltet werden, können aus EbAV erhebliche zusätzliche Anforderungen und Kosten resultieren. Jedoch sollten die EbAV dies als Chance begreifen und Ihr Risikomanagement und ihr Governance ausbauen.

Derivate und strukturierte Produkte

Lebensversicherer z.B. setzen Finanzderivate für die Absicherung der Risiken aus den an die Versicherungsnehmer verkauften Vertragsoptionen ein. Das Marktumfeld sowie die prozessualen Anforderungen stellen immer große Hürden dar.

Strukturierte Produkte sind immer noch ein probates Mittel für Investoren, Derivate eingebettet in einer bilanz- und prozessfreundlichen Verpackung einzugehen. Diese Strukturen werden sowohl für Absicherungs- als auch für Ertragsvermehrungszwecke verwendet. Das Emittentenrisiko und die Laufzeit des Zinsträgers spielen zusätzlich zum Derivat eine erhebliche Rolle. Des Weiteren werden oft Spezialfonds für das Management von Derivaten verwendet.

Finanzderivate bieten dem Investor außerdem ein Risiko- und Ertragsprofil, das mit anderen Finanzinstrumenten nicht möglich ist. Das unterscheidende Merkmal kann z.B. bei Optionen die nach unten begrenzte Verlustmöglichkeit sein, die Liquidität oder die Partizipation an Index- und quantitativen Handelsstrategien.

Möchte man all die verschiedenen Möglichkeiten der Investition in Finanzderivate miteinander vergleichen, muss man bilanzielle, aufsichtsrechtliche und prozessuale Aspekte heranziehen.

Alternative Investments

Institutionelle Investoren, die ihren Kunden eine hohe Rendite ihres Vermögens in Aussicht gestellt haben, leiden enorm unter den niedrigen Zinsen. Fällig werdende und noch mit höheren Fixkupons versehene risikoarme Titel laufen aus und müssen durch Anlagen mit geringerer Rendite bei gleichem Risiko ersetzt werden. Alternativ kann eine höhere Wiederanlagerendite durch Eingehen von einem höherem Kredit-, Liquiditäts- oder einem anderem Risiko erzielt werden.

Jedoch würde kein Investor neue Risiken einkaufen, ohne sie vorher verstanden zu haben. Daher müssen die Investoren insbesondere die Marktrisiken, Bewertung, Bilanzierung, Steuern, Verträge sowie die aufsichtsrechtlichen Anforderungen und Folgerungen prüfen. Jedes neue Kapitalanlageprodukt bedarf eines „Neue-Produkt-Prozesses“, in dem all diese Punkte abgearbeitet und positiv beantwortet werden müssen, bis es zu einer Investition kommen kann.

Mit den obigen Anforderungen alleine ist es jedoch nicht getan. Bei den alternativen Investments müssen die Investoren meistens mit externen Institutionen kooperieren, die die Anlagen bereits halten oder die notwendige Marktexpertise für die Originierung und/oder laufende Verwaltung mitbringen. Dies hat eine weitere Prüfungskette zur Folge. Ist es der richtige Kooperationspartner? Woher kriegt er seine Assets? Bekomme ich fortlaufend die Assets, die ich schon für positiv befunden habe? Bekomme ich alle Infos, die ich für meine internen Prozesse benötige? Gibt es durch die Kooperation neue Risiken?

Des Weiteren bietet Ihnen der Kooperationspartner von alternativen Investments in der Regel eine oder mehrere Investitionsvehikel an, die wieder etliche Prüfungsschritte mit sich bringen. Eventuell benötigen Sie ein anderes als das vom Partner angebotene Vehikel. Die Einbettung in eigene schon bestehende Vehikel, wie z.B. der Spezialfonds kann außerdem auch in Frage kommen.

Wenn auch Sie neue Assetklassen einführen oder Bestehende ausweiten möchten und einen unabhängigen Partner benötigen, der mit seiner Expertise vorhandene temporäre Lücken für die oben beschriebenen Prüfungsschritte schließt, dann kontaktieren Sie mich gerne.